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Das Forschungsprojekt Pocket Mannerhatten Ottakring untersuchte in den Jahren 2016 bis 2021 das nachbarschaftlich vernetzte Nutzen von Räumen, Flächen und Infrastrukturen. Gemeinsam mit Nachbar*innen in einem Häuserblock in Wien-Ottakring konnten dadurch wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden.
Räume und Flächen in der Stadt sind wertvoll. Bestimmte Bereiche mit Nachbar*innen gemeinsam zu nutzen und zu teilen, steigert die Lebensqualität: Das ist eines der wichtigsten Ziele von Pocket Mannerhatten. Bei Pocket Mannerhatten geht es um Sharing – genauer gesagt, um das Vernetzen und Teilen von Gebäudebereichen und Infrastrukturen, die sonst üblicherweise nur von den Personen genutzt werden können, die dort wohnen oder arbeiten. Durch räumliche Verbindungen bzw. das Erteilen von Nutzungsrechten können verschiedene Räume auch von Nachbar*innen genutzt werden und verschiedene Angebote untereinander „ausgetauscht“ werden. So könnten beispielsweise mehrere Innenhöfe oder Dachflächen zu einem oder einer größeren zusammengelegt werden. Stiegenhäuser und Aufzüge könnten von mehreren Gebäuden benutzt oder Systeme erneuerbarer Energien gebäudeübergreifend und rentabler werden. Das schafft Vorteile für alle Beteiligten: eine höhere Lebensqualität, mehr Freizeitmöglichkeiten, Vernetzung in der Nachbarschaft, neue Entwicklungsperspektiven für Gebäude und mehr Gemeinwohl.
mehr lesenMehr Raum für alle!
Die gründerzeitliche Stadt mit ihren kleinteiligen Parzellen eignet sich besonders für die Anwendung des Prinzips von Pocket Mannerhatten. Das Gebiet ist dicht bebaut und besteht größtenteils aus gründerzeitlicher Blockrandbebauung mit Innenhöfen. Im Vergleich zu anderen Stadtteilen gibt es relativ wenig Freiflächen und Grünräume. Im Projekt Pocket Mannerhatten wurden anhand eines Häuserblocks in Wien-Ottakring konkrete Sharing-Lösungen erarbeitet. Der Häuserblock stammt aus der Gründerzeit und hat eine Struktur, die für diese Epoche typisch ist. Von diesen gründerzeitlichen Stadtblöcken gibt es ca. 2.500-2.800 in Wien. Ihre Strukturen ähneln sich, so dass die hier entwickelten „Musterlösungen“ auch auf andere Häuserblöcke übertragbar sind. Pocket Mannerhatten generiert so wertvolle Entwicklungsmöglichkeiten für die Wiener Gründerzeit und bietet Lösungen, wie diese Möglichkeiten genutzt werden können.
Prozesse begleiten - Rahmen schaffen.
Pocket Mannerhatten gibt einen Rahmen vor, der das Tauschen und Teilen der Nutzungen klar regelt. Es gibt bereits ausgearbeitete Möglichkeiten des Teilens und Raum für weitere Ideen, wie das Tauschen und Teilen ablaufen kann. Abhängig von den räumlichen Gegebenheiten und den Wünschen der handelnden Personen kann sich jede Nachbarschaft auf unterschiedliche Weise organisieren. Eigentümer*innen benachbarter Grundstücke können auf Basis der Vorarbeiten von Pocket Mannerhatten rechtlich bindende Vereinbarungen schließen, in denen die Nutzung und Erhaltung der Flächen sowie Haftungsfragen klar geregelt werden. Die Beteiligung der Bewohner*innen und Eigentümer*innen ist dabei ein zentraler Baustein der Strategie. Alle Akteur*innen vor Ort werden intensiv in die Ideenentwicklung, Planung und Umsetzung, Nutzung und Verwaltung eingebunden. Dabei werden Vereinbarungen für eine faire und gemeinwohlorientierte gemeinsame Nutzung von Flächen oder Ressourcen erarbeitet.
Gemeinsam entsteht mehr.
Teilen lohnt sich - nicht nur, weil die gemeinsame Nutzung bereits viele Vorteile bringt, sondern auch weil ein Ziel von Pocket Mannerhatten ein gemeinwohlorientiertes „Anreiz-System“ ist. Die Idee dahinter: Wer teilt, leistet einen Beitrag zum Gemeinwohl, und dieser sollte belohnt werden. Ein mögliches Anreiz-System wurde im Rahmen des im Frühjahr 2021 abgeschlossenen Forschungsprojektes gemeinsam mit unterschiedlichen Expert*innen und Vertreter*innen der Stadt Wien ausgelotet und konkretisiert.
Energie-Sharing findet Stadt.
Auf dem Dach eines mehrstöckigen Wohnhauses in der Liebhartsgasse wurde im Juli 2020 eine neue Photovoltaikanlage errichtet. Die Besonderheit: Sie beliefert die Bewohner*innen im eigenen Haus, aber auch Nachbar*innen aus dem Häuserblock mit lokal produzierter Energie. Die Anlage ist auf beiden Seiten des Gebäudes installiert und hat auf der Straßenseite, Richtung Westen Abmessungen von 40m² und auf der ostseitigen Hofseite ca. 56m². So ist die Anlage optimal ausgerichtet. Sie soll eine geplante Leistung von 17,5 kWp - 19.200 kWh pro Jahr erbringen. Damit kann der bilanzielle Energiebedarf von ca. 11 Haushalten gedeckt werden.
Gemeinsam mobiler.
Zu den weiteren Umsetzungen zählt ein privates Car-Sharing einer Gruppe von Nachbar*innen, das im Frühjahr 2020 etabliert wurde. Bei einem Autobesitzer war das Interesse vorhanden, das eigene Fahrzeug – ein „Stehzeug“ – mit anderen Nachbar*innen gemeinsam zu nutzen. Gleichzeitig gab es einige Nachbar*innen, die selbst kein Auto besaßen, für spezielle Aktivitäten zu dem Zeitpunkt (Transporte, Ausflüge) auf kostenpflichtige Carsharing-Angebote zurückgriffen und eine niederschwelligere, kostengünstigere Autonutzung bevorzugten. Die faire und niederschwellige gemeinsame Nutzung des Autos durch mehr als fünf verschiedene Familien ist komplett selbstorganisiert. Perspektivisch ist im Rahmen der Umsetzung geplant, ein Sharing-Elektroauto anzuschaffen und den Strom aus der PV-Anlage für dessen Energiebedarf zu nutzen. Im Häuserblock befindet sich außerdem ein Lastenrad des Lastenradkollektivs. Ein Keller, der als Gemeinschaftsraum genutzt werden könnte, befindet sich derzeit im Umbau.
Knowledge-Sharing.
Im Rahmen des Projekts wurde viel geforscht und entwickelt. Die Medien, Studien und Berichte, die dabei entstanden sind, stehen auf der Projekt-Homepage von Pocket Mannerhatten (Downloads und Medien) oder im Download-Bereich auf der Website der IBA_Wien (Beiträge zur IBA_Wien) zum Download zur Verfügung!
2021
Die Hauptfinanzierung von Pocket Mannerhatten erfolgte aus Mitteln des Klima- und Energiefonds und wurde im Rahmen des Programms Smart Cities Demo durchgeführt.
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Gemeinsam genützte Innenhöfe und begrünte Straßenzüge als Stadt-Oasen gegen sommerliche Hitzeinseln! Wie können Bürger*innen diese Vision verwirklichen und was können wir uns vom Grün in der Stadt erwarten?
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Die Ausstellung „Wie wohnen wir morgen?“ ist Teil der Zwischen- präsentation der IBA_Wien 2022. Sie bietet einen Überblick über die laufenden Projekte und Prozesse zur Umsetzung innovativer Neuentwicklungen rund ums Thema soziales Wohnen.
Bestandsentwicklung und Stadterneuerung - Vision, Technologie, Beteiligung